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Resolution des Verwaltungsrates der DAK-Gesundheit für eine faire und nachhaltige Finanzierung der GKV

Der Verwaltungsrat der DAK-Gesundheit fordert die Abgeordneten des Deutschen Bundestags auf, das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) in Kernpunkten deutlich zu verändern, so dass die 70 Millionen Beitragszahlerinnen und -zahler nicht übermäßig belastet und wesentliche Teile der Finanzlücke aus Steuermitteln gedeckt werden. Ansonsten droht 2023 in der Sozialversicherung ein „Beitragssatz-Tsunami“ – zusätzlich zu den Belastungen durch Inflation und Energiepreissteigerungen. Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist „strukturell unterfinanziert“, wie das Bundesgesundheitsministerium am 22. August in einer schriftlichen Antwort auf eine Frage in der Bundespressekonferenz einräumte.

Der vorliegende Entwurf ist jedoch gänzlich ungeeignet, dieses strukturell bedingte Finanzierungsdilemma der GKV zu lösen.

Zusätzlich wird die Versichertengemeinschaft überdimensioniert belastet: fast dreiviertel der Finanzierungslücke müsste nach den Plänen der Bundesregierung durch die Beitragszahlenden gedeckt werden. Angesichts der stark steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten ist eine faire Verteilung der Lasten erforderlich, da 2023 auch die Beiträge der Pflegeversicherung (+0,3 BS-Punkte) sowie der Arbeitslosenversicherung (+0,2 BS-Punkte) steigen werden.

Darüber hinaus verkennt die Bundesregierung die verheerenden Auswirkungen des Abbaus der Finanzreserven der Krankenkassen auf das wettbewerblich organisierte GKV-System und lässt zwei elementare Entwicklungen unberücksichtigt:

1) Der Mechanismus zum Rücklagen-Abbau basiert auf den Rechnungsergebnissen der Krankenkassen aus dem Jahr 2021. Seit dem Jahresende hat sich die Finanzlage der Krankenkassen jedoch verschlechtert. Der Rücklagenabbau ist somit dramatisch überdimensioniert und wird eine Vielzahl von Krankenkassen finanziell unter existenziellen Druck setzen.

2) Die enormen Ausgabenrisiken der Krankenkassen im kommenden Jahr durch steigende Verbraucherpreise werden gänzlich außer Acht gelassen. Aufgrund der fehlenden Rücklagen werden die Krankenkassen auf steigende Kosten nicht angemessen reagieren können. Sie brauchen deshalb einen finanziellen Puffer oberhalb der Mindestrücklage.

Zusätzlich würde das Gesetz das GKV-System insgesamt erheblich destabilisieren. Denn im Gegensatz zu den anderen Zweigen der Sozialversicherung stehen in der Krankenversicherung 97 Träger im Wettbewerb zueinander. Aufgrund der Finanzierungsarchitektur der GKV können kurzfristig auftretende Finanzierungslücken bei Krankenkassen nicht durch unterjährig bereitgestellte Bundeszuwendungen gedeckt werden, wie etwa in der Renten-, Pflege- oder ArbeiBeitragserhöhungen aufgefangen werden.

Die Argumentation, dass erst einmal alle finanziellen Reserven aufgebraucht werden müssen, bevor der Bund Mittel zur Verfügung stellt, greift bei der Gesetzlichen Krankenversicherung daher nicht. Der weitgehende Abbau der Rücklagen in der GKV hätte, gerade in Zeiten preissensibler Konsumenten, einen ruinösen Beitragswettbewerb mit unterjährigen Beitragserhöhungen und mit erheblichen Verwerfungen im System durch Mitgliederwanderungen zur Folge.

Statt auf Rücklagenabbau und Einmallösungen zu setzen, die nur ein Jahr lang Wirkung entfalten, sollte die Finanzsituation der Gesetzlichen Krankenversicherung nachhaltig stabilisiert werden. Der Gesetzgeber sollte strukturelle und stärker nachhaltige Reformen verabschieden, die eine mittel- bis langfristige Wirkung haben. Dazu gehören kostendeckende Beiträge für ALG-II-Beziehende, wie im Koalitionsvertrag vereinbart. Da ein solcher Gesetzgebungsprozess kurzfristig kaum umsetzbar ist, muss die vom BMG für notwendig erachtete auskömmliche Finanzierung der Kosten für ALG II-Beziehende bereits jetzt auf den Weg gebracht werden. Ein weiterer Beitrag zu einer echten Strukturreform wäre die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel auf den ermäßigten Satz, wie vom GKV Spitzenverband vorgeschlagen. Zudem sind Strukturreformen erforderlich, die zu mehr Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen führen. Dazu gehören Effizienzpotentiale im Krankenhaus-Bereich sowie im Arzneimittelmarkt.

Der Verwaltungsrat der DAK-Gesundheit lehnt es außerdem entschieden ab, dass ein Teil der Finanzierungslücke der GKV im Jahr 2023 durch ein Darlehen für den Gesundheitsfonds geschlossen werden soll. Neben den Einmalmaßnahmen ist dies eine weitere Schwäche des Gesetzesentwurfs, die dazu führt, dass die gegenwärtigen Probleme lediglich in die Zukunft verschoben werden. Stattdessen sollte es einen verlässlichen, dynamisierten Bundeszuschuss geben, um die versicherungsfremden Leistungen auskömmlicher gegenzufinanzieren.

Der Gesetzgeber sollte sich zunächst auf die Lösung der Finanzierungsprobleme im kommenden Jahr konzentrieren. Für die Jahre ab 2024 sind weitere Maßnahmen erforderlich. Dies belegt ein von IGES-Institut im Auftrag der DAK-Gesundheit erstelltes Gutachten.

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