Resolution des Verwaltungsrates der DAK-Gesundheit für eine faire und nachhaltige Finanzierung der GKV
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15. September 2022Resolution des Verwaltungsrates der DAK-Gesundheit – Struktur der Medizinischen Versorgungszentren brauchen neuen ordnungspolitischen Rahmen
Seit einigen Jahren sind in Deutschland Finanzinvestoren nicht nur in den Bereichen Pflegeheime und ambulante Pflegedienste, Krankenhäuser und Rehakliniken aktiv, sondern zunehmend auch in Medizinischen Versorgungszentren. Der Verwaltungsrat der DAK-Gesundheit fordert die Politik daher auf, für Medizinische Versorgungszentren neue ordnungspolitische Rahmenbedingungen zu schaffen. Insbesondere bei von Investoren geführten Einrichtungen sind gesetzliche Anpassungen dringend erforderlich. Wir sehen die Politik in der Pflicht: Sie muss verhindern, dass die Renditeinteressen der Investoren den Patientinnen und Patienten gesundheitliche oder finanzielle Nachteile bringen und zu Lasten der Beitragszahlenden gehen.
Folgende Aspekte sind für einen neuen ordnungspolitischen Rahmen besonders relevant:
Interessenskonflikten vorbeugen
Grundsätzlich steht bei einem Medizinischen Versorgungszentrum die Form der Trägerschaft – und damit einhergehend der Finanzierung – nicht in einem kausalen Zusammenhang zur dort erbrachten Qualität der Leistung. Gleichwohl können Interessenkonflikte auftreten, die Einfluss auf die Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen der im Zentrum tätigen Ärztinnen und Ärzte haben. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn das Unternehmen des Investors gleichzeitig (Medizin)Produkte anbietet, die vor Ort zur Anwendung kommen. Wir fordern daher entsprechende „Firewall“-Regelungen zur Vorbeugung solcher Interessenskonflikte.
Problematische Zielvereinbarungen verbieten
Aus dem stationären Sektor ist die Problematik von Zielvereinbarungen mit Chefärztinnen und -ärzten bereits weithin bekannt. Trotz gesetzlicher Regelungen kommt es noch immer vor, dass finanzielle Anreize vertraglich mit bestimmten Zielen in Bezug auf Leistungen, Leistungsmengen, Leistungskomplexe oder andere Messgrößen verknüpft sind. Solche problematischen Zielvereinbarungen darf es zukünftig nicht mehr geben. Die entsprechenden Regelungen für den Krankenhausbereich müssen geschärft und künftig auch auf Medizinische Versorgungszentren angewandt werden.
Marktbeherrschende Stellungen verhindern
Im Bereich der Medizinischen Versorgungszentren braucht es Regelungen, die eine marktbeherrschende Stellung verhindern. Da dies ohne eine Klärung der Eigentumsverhältnisse nicht möglich ist, fordert der Verwaltungsrat der DAK-Gesundheit den Aufbau eines entsprechenden Registers. Wir halten auch eine klare Beschilderung am Gebäude eines Zentrums für erforderlich, um Trägerschaft und Finanzierungsform für alle Besuchergruppen transparent zu machen. Zu prüfen ist ebenfalls, ob weitere räumlich-regionale Beschränkungen sowie Vorgaben zu einer maximalen Anzahl von Angestellten möglicherweise zielführend sind.
Rosinenpickerei blockieren
Grundsätzlich sehen wir den großen Vorteil Medizinischer Versorgungszentren darin, dass verschiedene Professionen unter einem Dach zusammenarbeiten und eine Versorgung wie aus einer Hand ermöglichen. Aus diesem Grund halten wir für den vertragsärztlichen Bereich die Vorgabe eines Mindestumfanges an Versorgungsaufträgen für sinnvoll. Die Vorgabe, dass mindestens drei Fachrichtungen beispielsweise in einem Medizinischen Versorgungszentrum vertreten sein müssen, kann dazu beitragen, Rosinenpickerei zu verhindern. Eine solche ist gegeben, wenn in einem Zentrum nur eine Fachrichtung aktiv ist, die sich durch besonders hohe Umsätze auszeichnet, wie das etwa in einem reinen Radiologie- oder Augenheilkunde-Zentrum der Fall ist.
Grundsätzlich hält es der Verwaltungsrat der DAK-Gesundheit für wichtig, dass neben der Freiberuflichkeit Möglichkeiten bestehen, Ärztinnen und Ärzte im Angestelltenverhältnis zu beschäftigen. Die Ärzteschaft wird immer älter und viele geben ihren Sitz ohne Nachfolgeregelung auf. Deutschland steht vor großen Herausforderungen, die medizinische Versorgung in der Zukunft sicherzustellen. Hinzu kommt, dass Medizinabsolventen auch vermehrt eine ärztliche Tätigkeit in einem Angestelltenverhältnis favorisieren.Die Freiberuflichkeit, welche in den vergangenen Jahrzehnten das Maß aller Dinge war, ist für viele Neueinsteigerinnen und -einsteiger in den medizinischen Beruf nicht mehr attraktiv. Aus diesem Grund sind Medizinische Versorgungszentren – und perspektivisch regionale Gesundheitszentren – feste Bestandteile einer künftigen Gesundheitsversorgung.Sie müssen bei den anstehenden Strukturreformen der Krankenhauslandschaft und sektorenübergreifenden Versorgung mitgedacht und einbezogen werden. |