Verwaltungsratsvorsitzender kritisiert aktuelles Gesetzesvorhaben aus dem BMG
1. Oktober 2020Mitgliederversammlung der DAK Mitgliedergemeinschaft – Vortrag zur Organspende und Vorstandswahlen
2. Oktober 2020Kein weiterer Eingriff in die Selbstverwaltung – Resolution des Verwaltungsrates gegen Gesetzesvorhaben
Der Verwaltungsrat der DAK-Gesundheit hat im Verlauf seiner Verwaltungsratssitzung am 01. Oktober 2020 in Hamburg eine Resolution gegen den von Gesundheitsminister Jens Spahn und Bundesfinanzminister Olaf Scholz geplanten „massiven Griff in die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung“ verabschiedet.
Gesamtgesellschaftliche Aufgaben, wie die Kosten der Corona-Pandemie, sind aus Steuermitteln zu bezahlen und nicht mit den Beiträgen der Versicherten, Rentner und Arbeitgeber, so Walter Hoof, Vorsitzender der DAK Mitgliedergemeinschaft e. V.:
Die Resolution können Sie hier herunter laden. Nachfolgend sehen Sie den Wortlaut der Resolution.
„Sozialgarantie ja – aber nicht auf Kosten der Beitragszahler“
Die mit dem Gesetzentwurf zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege vorgelegten Maßnahmen zur Einhaltung der „Sozialgarantie 2021“ sind sozial unausgewogen und ein nicht akzeptabler Eingriff in die Autonomie der Selbstverwaltung, vor allem hinsichtlich der Haushaltsplanfeststellung. Zudem untergraben die Maßnahmen die finanzielle Stabilität des GKV-Systems inmitten der Corona-Pandemie.
Damit der Gesamtsozialversicherungsbeitrag unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht über 40 Prozent steigt, hatte die Bundesregierung im Juni für das Jahr 2021 eine „Sozialgarantie“ ausgesprochen. Im Rahmen dieser „Sozialgarantie 2021“ sollen die Sozialversicherungsbeiträge bei maximal 40 Prozent begrenzt werden, indem darüber hinaus gehende Finanzbedarfe aus dem Bundeshaushalt jedenfalls bis zum Jahr 2021 gedeckt würden. Dies begrüßt der Verwaltungsrat der DAK-Gesundheit ausdrücklich!
Tatsächlich sieht der Gesetzentwurf nun aber vor, dass die Mittel zur Einhaltung der Sozialgarantie nur zu einem kleineren Teil aus Steuermitteln gezahlt werden. Bei einer im Jahr 2021 bestehenden Finanzierungslücke von 16,6 Milliarden Euro sollen nur fünf Milliarden Euro aus Bundesmitteln bereitgestellt werden. Die Hauptlast, nämlich rund 11 Milliarden Euro, sollen die Beitragszahler der GKV, also die Versicherten und Arbeitgeber tragen. Drei Milliarden Euro sollen sie durch höhere Zusatzbeiträge ab Januar 2021 aufbringen; acht Milliarden Euro sollen den aus Beiträgen gebildeten Rücklagen der einzelnen Krankenkassen entnommen werden, obwohl auf die GKV aufgrund mehrerer Reformen steigende Ausgaben zukommen. Das ist nicht hinnehmbar! Ebenfalls nicht zu akzeptieren ist, dass die Finanzmittel der PKV unangetastet bleiben sollen. Denn die Corona-Krise fordert in wirtschaftlicher Hinsicht die gesamte Gesellschaft, nicht nur die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenkassen.
Die vorgesehene Entnahme von acht Milliarden Euro aus dem Vermögen der einzelnen Krankenkassen stellt einen massiven Eingriff in die Finanzautonomie der selbstverwalteten gesetzlichen Krankenversicherung dar. Der Verwaltungsrat der DAK-Gesundheit verantwortet die vorausschauende, langfristige Finanzplanung. Es ist ordnungspolitisch fragwürdig, dass aus Beiträgen gebildete Rücklagen für gesamtgesellschaftlich zu finanzierende Aufgaben konfisziert werden.
Insbesondere ist die willkürliche Festlegung des 30.06.2020 als maßgeblichem Stichtag für die Berechnung der aus den Rücklagen abzuführenden Finanzmittel nicht akzeptabel. Unterjährige Stichtage stellen nur eine von verschiedenen Einflussfaktoren bedingte Momentaufnahme dar, sind aber kein zuverlässiges Bild der wirklichen Finanzlage einer Krankenkasse. Nur die von den Wirtschaftsprüfern abgenommene Jahresrechnung einer Krankenkasse bildet deren Finanzlage zutreffend und verbindlich ab und wäre deshalb der Berechnung von eventuellen Ausgleichsverpflichtungen zu Grunde zu legen. Die DAK-Gesundheit und andere Krankenkassen werden beim Stichtag 30. Juni 2020 zudem wegen Sondereffekten in eklatanter Weise schlechter gestellt als andere Krankenkassen. Wenn die Gesetzgebung der Sondersituation dieser Krankenkassen nicht Rechnung trägt, wird gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichbehandlung verstoßen.
Der vorliegende Gesetzentwurf muss in wesentlichen Punkten nachgebessert werden. Es gilt, eine nachhaltige finanzielle Schwächung der gesetzlichen Krankenversicherung und den massiven Eingriff in die Finanzautonomie der Selbstverwaltung zu verhindern.