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Statement des Fraktionsvorsitzenden der DAK Mitgliedergemeinschaft anlässlich der Verwaltungsratssitzung am 21.06.2018 in Bremen

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Vorsitzender,
liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ein aktuelles Thema ist das GKV-Versichertenentlastungsgesetz, kurz GKV-VEG. Hierin ist sind nicht nur die im Koalitionsvertrag und von uns allen begrüßte Beitragsparität enthalten und die finanzielle Entlastung kleiner Selbständigen, sondern noch vieles mehr was wir nicht erwartet hatten.

Besonders, man könnte es auch einen Schuss aus der Hüfte nennen, ist die Forderung, dass die Krankenkassen ihre Reserven bis auf eine Monatsausgabe abschmelzen und das bereits ab 2019.

Walter Hoof, Fraktionsvorsitzender der DAK MG

Walter Hoof, Fraktionsvorsitzender der DAK MG

Wir können uns lebhaft ausmalen welche Folgen dieser Schnellschuss hätte. Die „reichen“ Kassen würden ihre Beiträge senken müssen, während die nicht so umfassend mit Rücklagen gesegneten Kassen, zu denen wir auch gehören, den höheren Beitragssatz weiterhin erheben müssten. Es würde eine Wanderung der Mitglieder zu den „reicheren und billigeren“ Kassen erfolgen. Eine Schieflage bis zur Insolvenz von Kassen wäre nicht auszuschließen. Da nach aktuellem Recht die notleidenten Kassen zunächst von ihren Lagern, wie AOK, vdek etc. aufgefangen werden müssten, diese aber von großen Kassen dazu gar nicht in der Lage wären, würde unser gesamtes Krankenkassensystem kollabieren können.

Mittlerweile ist selbst Herr Spahn, nach umfangreicher Lobbyarbeit, zu der Einsicht gekommen, dass sein ursprünglicher Plan so nicht funktionieren wird. In diesem Zusammenhang möchte sich die DAK Mitgliedergemeinschaft bei unserem Vorstand und besonders bei Herrn Storm für den intensiven Einsatz hinter den Kulissen für eine Lösung bedanken, die vor der Auflösung von höheren Rücklagen erst eine Reform des Risikostrukturausgleiches fordert. In dem nun vom Kabinett verabschiedeten Gesetzentwurf ist festgelegt, dass zuerst eine Reform des RSA erfolgen muss und dann ab 2020 die Senkung der Reserven angegangen werden soll.

Das wissenschaftliche Gutachten, welches als Basis für die Überarbeitung des RSA erforderlich ist, sollte bereits im Mai fertiggestellt sein. Es wird aber voraussichtlich erst im Juli, in der Sommerpause, das Licht der Welt erblicken. Inwieweit in diesem Jahr hieraus noch gesetzliche Regelungen erfolgen, bleibt abzuwarten.

Im Verwaltungsrat wurde schon mehrfach thematisiert, dass die unter Länderaufsicht stehenden AOKen erhebliche Vorteile durch den Risikostrukturausgleich haben und auch rechtlich zweifelhafte Regelungen bestehen, die den unter Bundesaufsicht stehenden Kassen, wie die des vdek, niemals erlaubt sein würden.

Bei den AOKen sind beispielsweise viele Saisonarbeiter, die z. B. bei der Spargelernte helfen, versichert. Nach den wenigen Monaten ihrer Arbeit, nachdem sie wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt sind, wurden sie aber weiterhin als aktive Versicherte geführt. Die Kassen zahlten in dieser Zeit keine Leistungen, erhielten aber aus dem Risikostrukturausgleich Millionenbeiträge. Also für Leistungen die nicht erbracht wurden. Zurzeit wird geprüft, für welchen Zeitraum die AOKen diese zu Unrecht erhaltenen Beiträge zurückzahlen müssen, die dann an die anderen Kassen verteilt werden. Die DAK-G würde hieraus voraussichtlich einen zweistelligen Millionenbetrag erhalten.

Dass die Situation in den Pflegeheimen unbefriedigend ist und sich hier etwas ändern muss, ist allgemein unbestritten. Es gibt zu wenig Pflegekräfte. Das Ansehen und die Bezahlung der Altenpflegerinnen und Pfleger für ihre schwere und teilweise aufopfernde Arbeit ist in der Bevölkerung leider nicht immer so gut, wie es wünschenswert wäre.

Hier wird nun endlich eine Verordnung und eine Prüfungsordnung in Kraft treten, auf die sich die Koalition in Berlin geeinigt hat. Es sollen die ersten beiden Jahre der Ausbildung, die Kranken- und Altenpfleger-Ausbildung, gemeinsam erfolgen. Ab dem dritten Jahr folgt die Spezialisierung in Kranken-, Kinderkranken- oder Altenpflege. Ebenfalls sollen die Altenpflegeauszubildenden nicht mehr ihre Ausbildung selbst bezahlen müssen.

Auch ist geplant, den Personalschlüssel in den Pflegeeinrichtungen zu verbessern. Dazu sollen 13.000 neue Pflegekräfte gefördert und eingestellt werden. Woher diese kommen sollen, wo nach soliden Schätzungen aktuell bis zu 34.000 Pflegekräfte fehlen, ist allerdings unklar.

Zu der Frage wer die an sich wünschenswerten Veränderungen bezahlen soll, hat Herr Spahn ebenfalls verlauten lassen. Die Pflegekassen sollen alle diese Kosten übernehmen, immerhin rund 650 Mill EUR. Bei den aktuellen Beiträgen und Rücklagen wären allerdings Mitte 2019 die Kassen leer. Deshalb schlägt der Gesundheitsminister eine Erhöhung des Pflegebeitrages ab 2019 um 0,3 %-Punkte vor. Fachleute sehen einen Bedarf von 0,5 %-Punkten.

Wenn man sich die Gesetzgebung unter dem Vorgänger von Herrn Spahn, Minister Gröhe, in Erinnerung ruft, so belaufen sich diese Mehrausgaben im Jahr 2019 auf 3,6 Mrd. Euro und 2020 auf 3,8 Mrd. Euro, die von den Krankenkassen zu tragen sind. Ob in dieser Situation ein Abschmelzen der Rücklagen sinnvoll ist, sehen wir als sehr fraglich an. Denn dann müssten voraussichtlich einige Zeit später die Beiträge wieder erhöht werden. Ob Minister Spahn als Beitragssteigerungsminister in die Geschichte eingehen will, bezweifle ich.

Von Seiten der DAK Mitgliedergemeinschaft begrüßen wir die Bemühungen des Gesundheitsministers, die gesetzliche Mindestsprechzeiten der Ärzte von 20 auf 25 Wochenstunden zu erhöhen. Ebenfalls ist es dringend geboten, die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen bundesweit unter einer einheitlichen Telefonnummer zu erreichen und dass diese zeitlich deutlich besser erreichbar werden.

Ein weiterer Punkt auf der Agenda von Herrn Spahn ist die Notfallversorgung. Der z. Zt. nur von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) sicher zu stellende Notdienst muss dringend auf eine breitere Basis gestellt werden. Sinnvoll ist eine gemeinsame Verantwortung der Kassen und der KVen für diese Stellen; nicht nur durch die KVen. Es müssen gemeinsam von Krankenhäusern und Allgemeinärzten betriebene Portalpraxen eingeführt werden und die Notfallversorgung, besonders im ländliche Raum, muss verbessert werden.

Zu den Ausführungen bezüglich der Neu-Organisation der DAK-Gesundheit und insbesondere der Zentrale schließen wir uns den Ausführungen unseres Verwaltungsratsvorsitzenden an. Ebenfalls ist es dringend geboten, nachdem in der Fläche erhebliche Einsparungen vorgenommen wurden, auch die Zentrale der DAK-Gesundheit nach den gleichen Prinzipien und Zuständigkeiten wie die Flächenorganisation neu aufzustellen.

Die vorgestellte Vision des Vorstandes zu dem Selbstverständnis und grundsätzlichen Wertvorstellungen der DAK-G unterstützen wir. Allerdings kommt es darauf an, wie diese Werte in der Praxis umgesetzt werden und wie sich im zweiten Schritt diese Vorstellungen in Zielen und Ergebnissen auswirken.

Die Digitalisierung unserer Kasse ist ein spannendes Thema. Die mittlerweile zu Modeworten und Synonymen für ein modernes Image gewordenen Schlagworte Digitalisierung und Industrie 4.0 zwingen unsere Kasse auch dort dem Zeitgeist zu folgen und gerade unseren jungen Versicherten attraktive Angebote zu unterbreiten. Allerdings muss diesen Angeboten nach außen auch intern unser Workflow folgen, also die Organisation und der technische Ablauf so organisiert sein, dass sich hier Rationalisierungseffekte einstellen. Diese Veränderungen bedingen im Regelfall veränderte Betriebsabläufe und organisatorische Veränderungen. Vor diesen Veränderungen steht unsere Kasse aktuell. Wir werden diese Prozesse aufmerksam verfolgen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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