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Verwaltungsratsvorsitzender äußert deutliche Kritik an Gesetzesvorhaben

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste,

© Foto: DAK

 

der ungewöhnliche Termin unserer heutigen Verwaltungsratssitzung am Mittwochnachmittag hat einen triftigen Grund, den die meisten in diesem Raum ja auch kennen. Morgen findet in Berlin eine Sondersitzung der Mitgliederversammlung des GKV-Spitzenverbandes statt. Und diese Sitzung hat eine solche Bedeutung – und dies auch für uns als DAK-Gesundheit -, dass wir unsere Verwaltungsratssitzung um einen Tag vorziehen mussten.

 

Zur Mitgliederversammlung des GKV-Spitzenverbandes wird eigentlich nur zu Beginn einer Legislaturperiode eingeladen und sie hat dabei speziell die Aufgabe, den Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes zu wählen. Daher ist die morgige Sitzung sicherlich schon sehr ungewöhnlich, aber der Anlass und Grund ist auch sehr angemessen. Wir haben uns in den vergangenen Sitzungen ja bereits eingehend mit den Plänen der Bundesregierung – und hier speziell mit denen des Bundesgesundheitsministers, Herrn Jens Spahn –, befasst, die in mehreren Gesetzen vorsehen, den Einfluss der Selbstverwaltung – sei es die gemeinsame oder auch die soziale – zu beschränken, bzw. abzuschaffen.

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte Ihnen nochmals – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – in Erinnerung rufen bzw. für die Öffentlichkeit darstellen, um was es für die Selbstverwaltung in den vorliegenden Gesetzentwürfen geht:

  • der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes soll abgeschafft werden und durch ein Gremium ersetzt werden, das mit hauptamtlichen Vorständen der Krankenkassen besetzt ist. Damit, so die Begründung, soll die Professionalität der Arbeit im GKV-SV erhöht werden.
  • die Medizinischen Dienste der Krankenkassen sollen umfirmieren und Medizinische Dienste heißen und somit dem vermeintlich direkten Zugriff der Krankenkassen entzogen werden. Damit einher geht auch ein Umbau der Selbstverwaltung der Medizinischen Dienste. Die Verwaltungsräte sollen eine komplett andere Struktur erhalten und um Vertreterinnen und Vertreter der Patientinnen und Patienten, der Pflegebedürftigen, der Verbraucher, der Ärzteschaft und der Pflegeberufe ergänzt werden. Damit verbunden sind auch andere Mehrheitsverhältnisse im Verwaltungsrat. Obwohl die Krankenkassen auch die neuen Medizinischen Dienste finanzieren sollen, sollen sie damit aber nicht zugleich die Mehrheit im Verwaltungsrat erhalten.

Das sind zunächst die Pläne des Ministers. An der Stellen möchte ich aber auch schon mal anmerken, dass die Diskussionen im Hintergrund weitergehen und man sicherlich davon ausgehen kann, dass es – frei nach dem ersten Struckschen Gesetz, wonach kein Gesetz so aus dem Parlament herauskomme, wie es eingebracht worden ist – zu den vorliegenden Entwürfen noch gravierende Änderungen geben wird. Und die Veranstaltung morgen hat hierbei einerseits die Aufgabe und den Hintergrund, Herrn Spahn in Teilen noch von seinen Vorhaben abzubringen und die Wirkung der Gespräche im Hintergrund zu verstärken, ihn aber eben auch andererseits den geballten Unmut der Krankenkassen spüren zu lassen. Es ist gut und richtig, die Politik in Teilen für ihre Pläne zu kritisieren und ihr den Spiegel vorzuhalten. Ihn z B. dafür vorzuhalten, dass im Koalitionsvertrag festgehalten wurde, dass die Selbstverwaltung gestärkt werden soll, aber die Realität eine andere ist. Die Realität ist nämlich, dass sie massiv geschwächt und eines Teils ihrer Kompetenzen beraubt werden soll. Und dafür ist es wichtig, dass morgen die Reihen in der Mitgliederversammlung des GKV-Spitzenverbandes im Beisein des Bundesgesundheitsministers geschlossen sind und die Krankenkassen und Kassenarten, abseits ihrer Konkurrenz und in Teilen unterschiedlichen Auffassungen, Präsenz und Einigkeit in diesem so wichtigen Punkt rund um die Funktion der Selbstverwaltung zeigen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich habe ja bereits anklingen lassen, dass die Diskussionen und Gespräche um die angesprochenen Gesetzesvorhaben weitergehen. So gehen die Diskussionen derzeit in die Richtung, den Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes (GKV-SV) in Zukunft von derzeit 52 auf nur noch 40 Sitze zu verkleinern, diese aber weiterhin nur mit ehrenamtlichen Vertreterinnen und Vertretern aus den Verwaltungsräten der Krankenkassen zu besetzen. Zudem soll bei der Wahl für das Verhältnis der Geschlechter eine Quote gelten. Auch ist in der Diskussion, dass der hauptamtliche Vorstand des GKV-SV um einen Erweiterten Vorstand ergänzt werden könnte, der mit Krankenkassenvorständen der Kassenarten besetzt sein soll. Auch bei der Reform der Medizinischen Dienste der Krankenkassen gehen die Diskussionen weiter. Hier auch bereits aus dem parlamentarischen Verfahren heraus. So hat der Gesundheitsausschuss des Bundesrates Vorschläge für die Weiterentwicklung des MDK-Reformgesetzes erarbeitet, die gerade durch den Bundesrat beschlossen worden sind. Dabei zeichnete sich die Lösung ab, dass die Verwaltungsräte des Medizinischen Dienstes auch zukünftig durch Vertreter aus den Verwaltungsräten der Krankenkassen und durch Sachkundige besetzt werden könnten Enthalten ist hier allerdings auch der Vorschlag, dass Vertreter der Leistungserbringer in den Verwaltungsräten der Medizinischen Dienste zukünftig Stimmrecht haben sollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es ist erkennbar, dass in den Gesetzgebungsverfahren durchaus Bewegung ist, und dass in den Positionen, die wir so sehr beklagt haben, Bewegung ist. Zum Teil in die richtige Richtung, aber es sind weiterhin auch Vorschläge im Raum, die nach wie vor von uns Krankenkassen nicht akzeptiert werden können. Beispielsweise der erweiterte Vorstand beim GKV-Spitzenverband oder auch ein Stimmrecht für Leistungserbringer in den MDK-Verwaltungsräten. Von daher müssen auch weiter die Gespräche auf allen Ebenen geführt werden, damit das Strucksche Gesetz tatsächlich Anwendung findet und die Gesetze die richtige Richtung nehmen. Dabei möchte ich auch an Sie alle nochmals appellieren, auch Ihre Möglichkeiten zu nutzen. Es ist festzustellen, dass abseits der Fachpolitiker doch eine frappierende Unwissenheit bei den Abgeordneten vorherrscht, welche Auswirkungen die geplanten Gesetze auf die Rolle und Funktion der Selbstverwaltung haben. Auch hier kann man ansetzen, damit die Erkenntnis reifen kann, dass in Teilen die geplanten Gesetze noch einer erheblichen Überarbeitung bedürfen Alles, was dazu beitragen kann, dieses Ziel zu erreichen, sind lohnende Investitionen für die Positionen der Krankenkassen und ihrer Selbstverwaltungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

auch wenn man sich die allgemeine Lage des Gesundheitswesens – abseits der geplanten Gesetzgebung – anschaut, trägt dies nicht zur Beruhigung bei. Das gilt sowohl inhaltlich als auch im Hinblick auf die finanzielle Situation im Gesundheitswesen. Als eines der inhaltlichen Probleme sehe ich die zunehmende Arzneimittelknappheit an. Laut Medienberichten sind es teilweise deutlich mehr als 200 Arzneimittel, die in den Apotheken für die Patienten nicht verfügbar sind. Das ist deutlich mehr als in den Vorjahren. Dabei geht es nicht um irgendwelche exotischen Arzneimittel, sondern auch um gängige, wie Blutdrucksenker oder gar ganz übliche Schmerzmittel wie Ibuprofen oder auch Antibiotika. Die Gründe für diese Engpässe sind vielfältig. Die Gewinnmargen sind offenbar für eine Reihe europäischer Hersteller uninteressant, sodass die Produktion mancher Arzneimittel nur von wenigen Firmen hauptsächlich in asiatischen Ländern vorgenommen wird. Haben die dann Qualitäts- oder Hygieneprobleme, entstehen in Teilen die Probleme, die wir gerade vorfinden. Auch an dieser Stelle ist meines Erachtens die Politik gefragt. Denn hier geht es um das Patientenwohl. Und es kann nicht die Lösung sein, das Problem auf die Krankenkassen in der Form abzuwälzen, dass hier einfach weit höhere Preise für Arzneimittel gezahlt werden müssen, nur damit die Margen für die Arzneimittelindustrie wieder passen. Es muss sicherlich darauf hingewirkt werden, dass wieder mehr in Europa produziert wird, sodass wir nicht von Unternehmen aus Schwellenländern abhängig sind, die leider nicht unseren Standards entsprechend produzieren oder produzieren können. Hier müssen sicherlich Anreize her, damit hiesige Produktionen wieder interessanter werden. Sicherlich kein rein deutsches Problem, sondern eines, mit dem sich die EU wird auseinandersetzen müssen. Auch über einen Aufbau von nationalen Arzneimittelreserven, wie vom Präsidenten der Bundesärztekammer gefordert, gilt es sicherlich nachzudenken Ob dies zum Ziel führen wird, muss man sehen, aber die Zeit, sich hierüber Gedanken zu machen ist allemal da, bevor die Problematik so groß wird, dass tatsächlich in größerem Umfang das Patientenwohl gefährdet wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

auch kein rein deutsches Problem, aber doch sehr hausgemacht sind die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen. Wenn man sich die Zahlen der KV 45 anschaut – und ich vermute, der Vorstand wird sie uns auch nachher auch präsentieren – dann tritt nun das ein, wovor wir bereits lange gewarnt haben. Die verabschiedeten Gesetze der Großen Koalition im Gesundheitswesen schlagen nun leider finanziell durch. Wie gesagt, wir haben bereits alle lange davor gewarnt, von daher kommt das nicht unerwartet, jedoch ist die Heftigkeit doch überraschend. Das Gesamtsystem hat nach dem zweiten Quartal ein Minus von mehr als 500 Mio. Euro zu verzeichnen. Das ist ein um mehr als eine Milliarde Euro schlechteres Ergebnis als noch ein Jahr zuvor. Für Minister Spahn zeigen die Kennzahlen in die richtige Richtung, wie er verlautbaren ließ, und führt dies auch darauf zurück, dass durch Beitragssenkungen manche Krankenkassen begonnen haben, ihre übermäßig hohen Rücklagen abzubauen. Doch dies ist noch nicht einmal die Hälfte der Wahrheit. Auch fast alle anderen Krankenkassen sind ins Minus geraten und dies liegt allein an der Kostenwirksamkeit der bisherigen Gesetze. Und wenn man sieht, was dann noch kommt, dann darf einem schon ein wenig bange werden. Mehrere Milliarden Euro zusätzlicher Ausgabendruck auf das System durch noch in Kraft tretende Gesetze wie das Terminservicegesetz oder das MDK-Reformgesetz. Hierauf müssen wir uns leider einstellen und da hilft es uns auch leider nicht das Strucksche Gesetz. Auf diese zusätzlichen Kosten müssen wir uns alle einstellen. Leider. Denn für uns als DAK-Gesundheit, die wir nicht über derartig hohe Rücklagen verfügen, wie so manch andere Krankenkasse, wird dies eine schwierige Situation, die wir zu meistern haben werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

dabei bin ich dann doch sehr froh, dass wir uns mittlerweile so gut aufgestellt haben, dass wir aus eigener Kraft viel handlungsfähiger geworden sind, als dies noch vor recht kurzer Zeit der Fall gewesen ist. Wir sind in der Konsolidierung der DAK-Gesundheit weit vorangeschritten. Seit mehr als einem Jahr arbeiten nun die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem System DAKISS_21c. Damit wurde ein riesengroßer Meilenstein realisiert. Auch wenn es danach sehr große, aber mittlerweile wieder weitgehend behobene Probleme mit der IT insgesamt gegeben hat, die auch auf die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen massiv durchgeschlagen sind, ändert das nichts an der Tatsache, dass wir an dieser Stelle bestens für die Zukunft aufgestellt sind. Und auch die organisatorischen und personellen Umstrukturierungen sind zu einem hohen Grad abgeschlossen. Fehlt lediglich noch die Zentrale. Aber auch hier sind die Weichen gestellt und es ist noch eine Frage von Monaten, dass wir auch hier so aufgestellt sind, wie wir uns das wünschen. Das sind alles wichtige Bausteine, die uns auf den Weg bringen, Vision und Strategie der DAK-Gesundheit zu verwirklichen und die DAK-Gesundheit zu Deutschlands bestem Krankenversicherer zu entwickeln. All diese internen Reformen, die wir alle gemeinsam in die Wege geleitet haben, haben auch das Ziel verfolgt, uns zu einer agierenden Krankenkasse entwickeln zu können. Früher konnten wir nur in irgendeiner Form auf Situationen reagieren. Und wir waren auch schon kurz davor, dass uns das Heft des Handelns aus der Hand genommen wurde. Das ist nun ganz anders. Wir sind sehr gut aufgestellt und das ist zum großen Teil Verdienst unseres Vorstands, der die Strategie dorthin maßgeblich entwickelt hat. Noch vor Jahren hätte einem die finanzielle Situation, wie ich sie eben für die GKV beschrieben habe, schlaflose Nächte bereitet. Nun haben wir als DAK-Gesundheit die Kraft, bereits frühzeitig agierend einzugreifen und solche Situationen zu meistern. Und genau dies werden wir tun.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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